Fürstenrecht

Fürstenrecht
Fürstenrecht,
 
Privatfürstenrecht, Sonderrecht der hochadeligen (landesherrlichen und standesherrlichen) Häuser im Vermögens-, Familien- und Erbrecht. Geregelt wurde es durch Standesgewohnheitsrecht (gemeines deutsches Fürstenrecht) und durch Hausgesetze. Diese entstanden seit dem 14. Jahrhundert in den Dynastien entweder durch Vertrag unter den Familienmitgliedern (Rezess, Hausvertrag) oder durch einseitige letztwillige Verfügungen des Familienoberhaupts. Sie enthielten ursprünglich auch staatsrechtliche Bestimmungen, die besonders der Landesteilung entgegenzuwirken oder die Thronfolge der weiblichen Linie zu sichern suchten, z. B. die Pragmatische Sanktion von 1713.
 
Mit dem Übergang zum Konstitutionalismus beschränkte sich das Fürstenrecht auf das Privatrecht, soweit nicht die Landesverfassungen auf die landesherrlichen Hausgesetze Bezug nahmen (etwa hinsichtlich der Thronfolge und der Ebenbürtigkeit). Den seit 1803 mediatisierten Häusern des hohen Adels wurde in der Deutschen Bundesakte von 1815 das Recht auf Hausgesetze gewährleistet. Durch die Art. 57, 58 des Einführungsgesetzes zum BGB wurde die Sonderstellung des hohen Adels aufrechterhalten. Art. 109 der Weimarer Reichsverfassung ordnete an, dass diese im Wege der Gesetzgebung aufzuheben sei. Das geschah in einem Teil der Länder (in Preußen durch Gesetze vom 23. 6. 1920). Soweit solche Landesgesetze nicht ergingen, blieb das Fürstenrecht der einzelnen Häuser bestehen, obige Art. 57 und 58 sind jedoch gegenstandslos.
 
Da nach 1933 und nach 1945 keine weiteren Aufhebungsgesetze erlassen wurden, bestehen in einigen Familien des hohen Adels die Hausgesetze formell noch fort. Zweifelhaft ist allerdings, ob sie durch Art. 3 GG (»Gleichheit vor dem Gesetz«) generell beseitigt sind. Statthaft ist es, das Familienvermögen hochadeliger Häuser in eine Familienstiftung einzubringen und durch Stiftungssatzung vermögensrechtlichen Sonderbestimmungen zu erlassen (über die Auflösung der Hausvermögen Fürstenabfindung, Familiengüter, Fideikommiss). Die bürgerlich-rechtliche Vererbung der Primogeniturtitel als Namensbestandteil wurde 1966 durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts untersagt.

Universal-Lexikon. 2012.

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